Reisebericht Kappadokien 2009 "Wandern im Land der Feenkamine" 18.10.2009 - 25.10.2009
Inhaltsverzeichnis:
ToggleEinleitung Wandern in Kappadokien
„Wandern im Land der Feenkamine“ – so lautet der Name dieser vom Reiseveranstalter „Gebeco“ angebotenen Wanderreise. Sie dauert 8 Tage, erfordert keine besondere Kondition und ist empfehlenswert für jedermann/-frau, welche das Wandern für sich entdecken wollen.
Die Reise fand vom 18.10.2009 bis 25.10.2009 statt. Mit den Reiseunterlagen bekam ich auch eine Teilnehmerliste mit Namen zugeschickt. Sie war, offen gesagt, recht übersichtlich. Es befanden sich 7 Namen auf der Liste. Im Gebeco-Katalog ist eine Mindestteilnehmerzahl von 10 angegeben. Dafür, dass die Reise trotzdem stattfand, hier mein Dankeschön an „Gebeco“. Die Reiseunterlagen wurden komplettiert durch einen Reiseführer und eine Gebeco-Trinkflasche.
Ach so – zum Schluss der Einleitung die Beantwortung der Frage: Was kostet der Spaß? Ich habe einschließlich Einzelzimmerzuschlag, „Zug zum Flug“ – Ticket und Reiserücktrittsversicherung 1039 Euro bezahlt.
18.10.2009
Zug zum Flug finde ich gut, wenn die Abflugzeiten entsprechend dazu passen. Das war dieses Mal der Fall. Der Zug Richtung Berlin-Gesundbrunnen fuhr um 6:30 Uhr ab. Dann umsteigen in die S-Bahn nach Berlin Jungfernheide und von dort mit dem Bus X9 direkt zum Airport Tegel. Um ca. 8:40 Uhr ist das Ziel erreicht. Um 10:30 startet der Flieger pünktlich Richtung Antalya. Der Flug dauert 3 Stunden. Als Mittagessen wird ein pappiges Brötchen, belegt mit Chicken, gereicht. Das ist natürlich nicht so dolle, aber ich bin beschäftigt und der Hunger ist fürs erste gestillt. Im Flugzeug stelle ich noch meine Uhr um eine Stunde vor, ehe der Landeanflug beginnt.
Nach drei Stunden betrete ich dann türkischen Boden: ich habe Europa verlassen und befinde mich in Kleinasien. Mich empfängt angenehmes, warmes Wetter. Mein Gepäck kann ich schnell in Empfang nehmen und auch die Passkontrolle erfolgt zügig. Jetzt muss ich nur noch ein Schild von „Gebeco“ bzw. „IQ-Travel“ entdecken. Das scheint nicht so einfach zu sein. In der Ankunftshalle ist nichts zu sehen, also gehe ich nach draußen. Oje, da hat sich in 50 m Entfernung gleich eine ganze Schlange von Reiseveranstaltern aufgereiht. Natürlich fange ich am verkehrten Ende an, zu suchen. Na endlich, ich befinde mich wieder in den sicheren Händen meines Reiseveranstalters. Ich darf neben dem Busfahrer Platz nehmen. Die Fahrt dauert für mich nur ca. 5 Minuten.
Das 5 Sterne „Hotel IC-Aiport“ ist für die erste Nacht gebucht und ein guter Ausgangspunkt für die morgen beginnende Busfahrt nach Kappadokien. Ich werde an der Rezeption sehr höflich begrüßt. Nachdem die Formalitäten geklärt sind, kommen zwei Frauen auf mich zu und fragen mich, ob ich zur Gebeco-Reisegruppe Kappadokien gehöre. Der Anhänger an meiner Reisetasche hatte mich verraten und so stellen wir uns vor: Bärbel, Christina, Norbert. Sie hätten bereits ein Taxi bestellt und falls ich Lust habe, könnte ich mich an den Kosten für das Taxi beteiligen. Natürlich sage ich ja, bitte aber um ein wenig Zeit, um mein Zimmer in Augenschein zu nehmen und mich zu erfrischen.
Dann geht´s los in die Altstadt von Antalya. Wir machen dem Taxifahrer klar, dass er uns um 19:00 Uhr wieder an dieser Stelle abholen und zurückbringen soll. Geht in Ordnung, gibt er uns freundlich zu verstehen.
Am Cumhuriyet-Platz haben wir einen schönen Blick über den Hafen und der Altstadt mit dem Yivli Minare (gerilltes Minarett), dem Wahrzeichen der Stadt. Unser Weg führt zu den Teegärten, in denen wir, was auch sonst, Tee trinken und den wundervollen Ausblick genießen.
Anschließend geht es hinunter in die malerische Altstadt mit ihren vielen kleinen Gassen. Wir können alte, wieder hergerichtete Häuser mit schönen Erkern bewundern. Überall bieten Händler ihre Waren an. Im Hafen liegen teure Luxusjachten neben schönen alten Holzbooten. Der Tag neigt sich nun langsam dem Ende entgegen und ich versuche, die tolle Abendstimmung in einem Bild einzufangen. Pünktlich um 19:00 Uhr steigen wir dann wieder in unser zuvor bestelltes Taxi, das uns zum Hotel zurückbringt.
19.10.2009
Um 6:30 Uhr werde ich von meinem Handy geweckt. Ab 7:00 Uhr kann gefrühstückt werden. Beim Frühstück treffen wir (das sind Bärbel, Christina und ich) auf Ursula und Claudia aus unserer Reisegruppe und machen uns bekannt.
Um 8:00 Uhr geht es dann endlich mit einem Kleinbus Richtung Kappadokien los. Auch Karin und Klaus gesellen sich nun zu uns. Jetzt lernen wir endlich unseren Reiseleiter und Wanderführer Herrn Osman Ünal kennen. Osman, wie wir ihn anreden sollen, gibt zu, kein ausgesprochen guter Wanderführer zu sein. Er mag es lieber, als Bus-Reiseleiter seinen Gästen einen Eindruck über sein Land zu vermitteln statt als Wanderführer. Na – das klingt nicht so gut, aber ehrlich ist er wenigstens. Dieses Desinteresse am Wandern führt im Laufe der Woche doch zu etwas Unmut unter uns Wanderlustigen. Der Reiseveranstalter dieser Wanderreise, „Gebeco“, muss hier unbedingt etwas ändern.
Aber jetzt sitzen wir alle noch im Bus und haben bald Antalya hinter uns gelassen.
Osman erklärt uns die heutige Strecke. Wir werden insgesamt etwa 520 km zurücklegen, aber zwischendurch genügend Pausen einlegen. Nachdem wir eine Stunde auf der Küstenstrasse Richtung Osten unterwegs sind, biegen wir kurz hinter Manavgat Richtung Norden ab. Jetzt gilt es für unseren Busfahrer, die Bergpässe des Taurusgebirges zu überqueren. Uns empfängt eine reizvolle Berglandschaft.
Ich stelle mir spontan einen Wanderurlaub in dieser faszinierenden Landschaft vor. Unser Bus klettert tapfer erst ein Mal bis auf knapp 1000 m hoch. Am Straßenrand bieten viele Bäuerinnen und Bauern ihre Produkte an.
Es wird Zeit für eine Pause. Osman kauft für uns ein paar Bananen. Der Bananenanbau besitzt in der Türkei eine große Tradition und konzentriert sich von Manavgat über Alanya bis nach Anamur. Es geht weiter, rauf bis über 1800 m. Die Fahrt ist bis jetzt aufgrund der bezaubernden Landschaft recht abwechslungsreich und kurzlebig. Wir bewegen uns langsam auf 1000 Höhenmeter hinunter und alsbald ändert sich die Landschaft und es breitet sich eine große Hochebene vor uns aus.
Wir durchqueren jetzt eine Region, welche auch als die Getreidekammer der Türkei bezeichnet wird.
Wir machen wieder eine Pause.
In einem Supermarkt sind zwei Frauen damit beschäftigt, aus Teigbällchen superdünne Fladen zu machen. Diese werden dann auf heißen Eisenplatten (sehen aus wie ein übergroßer umgedrehter Wog) auf beiden Seiten angebacken, mit Butter bestrichen und mit Schafskäse oder Hackfleisch belegt. Zusammengerollt sehen sie dann aus wie französische Crepes. Diese preiswerte türkische Leckerei heißt Lahmacun und wird auf der Hand serviert.
Gegen 13:00 Uhr wird die Provinzhauptstadt Konya sichtbar. Im 13. Jahrhundert war Konya die Hauptstadt des seldschukischen Reichs und erlebte insbesondere von 1219 bis 1236 eine Blütezeit. Die Mongolen beendeten die Seldschuken-Dynastie, jedoch blieb Konya bis heute ein religiöses Zentrum.
Das Wahrzeichen von Konya und zugleich die wichtigste Sehenswürdigkeit ist das Mevlana-Kloster, das religiöse Zentrum der „Tanzenden Derwische“ oder auch Mevlevi-Ordens. Das Mevlana-Kloster dient heute als Museum. Viele Pilger empfinden auch heute noch die Grabstätte des 1273 verstorbenen Celaleddin Rumi, dem Begründer des religiösen Mevlevi-Ordens, als sakralen Ort. Celaleddin Rumi, den seine Anhänger „Mevlana“ – „Unser Meister“ – nannten, war in seiner Zeit der bedeutendste geistliche Poet, Mystiker und Philosoph der islamischen Welt. Neben der Grabstätte sind im Museum viele alte Koranschriften und zahlreiche Gewänder ausgestellt.
Noch beeindruckt von diesem religiösen Ort, verlassen wir Konya und durchfahren nun eine sehr dünn besiedelte flache Ebene. Die Strasse führt kilometerweit geradeaus und bietet wenig Abwechslung. Einzig die vielen LKWs, beladen mit Zuckerrüben, wecken mein Interesse. Ich hätte nie gedacht, dass hier so viele Zuckerrüben angebaut werden. Wahrscheinlich ist Ritter Runkel hier einmal durchgezogen und hat seine Finger im Spiel gehabt 🙂 Na ja – wie auch immer – wir fahren noch immer eine schnurgerade Strasse entlang und rechts und links Zuckerrüben, Zuckerrüben, Zuckerrüben… Erst nach gut 100 km verlassen wir diese Einöde und nähern uns endlich Kappadokien.
Gegen 17:00 Uhr erreichen wir Nevsehir, die Provinzhauptstadt. Sie liegt am westlichen Rand der kappadokischen Tuffsteinlandschaft. Nun ist es nur noch ein Katzensprung bis zu unserem Hotel Lukia Lodge.
Es liegt an der Straße von Nevsehir nach Uchisar. Das Hotel macht einen sauberen und freundlichen Eindruck. Nach Verteilung der Schlüssel zieht sich jeder erst ein Mal auf sein Zimmer zurück. Das Hotel ist den Tuffstein-Höhlen nachempfunden, jedenfalls sind die Fenster extrem klein und das Zimmer entsprechend dunkel.
Um 19:30 Uhr treffen wir uns zum gemeinsamen Abendessen. Das Buffet ist überwältigend und die Qualität sehr gut. Ich überlade meinen Teller und ernte merkwürdige Blicke von meinen Wanderfreundinnen. Egal, ich habe Urlaub und mir geht es gut. Besonders der letzte Gang hat es in sich. Diesen Törtchen, Kuchen und anderen Süßigkeiten ist einfach nicht zu widerstehen.
20.10.2009
Willkommen im Märchenland Kappadokien. So oder ähnlich wirkt diese bizarre Landschaft auf mich. Dafür verantwortlich sind mehrere Vulkanausbrüche vor etlichen Millionen von Jahren. Große Mengen Lava und vulkanische Asche bedeckten das heutige Gebiet. Über die Jahrhunderte verdichtete sich die vulkanische Asche zu einem relativ festen Tuffstein. Später haben dann Wind und Wasser bizarre Formen und Farben hervorgebracht.
Um 9:00 Uhr starten wir mit unserem Kleinbus Richtung Ürgüp. Nach knapp 15 Minuten Fahrzeit hält der Bus auf einem Schotterplatz. Vor Beginn unserer ersten Wanderung und quasi zur Einstimmung auf das Kommende möchte uns Osman ein paar sehr schöne Feenkamine zeigen. Ich bin sichtlich beeindruckt von dem, was die Natur hervorgebracht hat.
Die anschließende Wanderung führt uns in das Göreme-Talnach Meskendir. Es ist nicht ganz einfach, diese Landschaft mit Worten zu beschreiben. Vielleicht befinden wir uns auf einem anderen Planeten oder ist das hier alles nur die Filmkulisse für einen Science-Fiction-Film? Hinter jeder Wegbiegung zeigen sich wieder neue bizarre Formen aus Stein. Pyramiden, Kegel, Türme, Brücken, Kamine und Wellenkämme, alle erdenkliche Formen sind vorhanden, um bestaunt und fotografiert zu werden.
Nach eineinhalb Stunden führt uns der Weg in das Rote Tal. Hier sind die Farben besonders eindrucksvoll. Abhängig von Eisen und Schwefelgehalt schimmert das Gestein rosarot, aber auch grünlich oder gelb. Der Tuffstein sieht in seiner Form und Farbe teilweise wie Vanille- und Pistazieneis aus.
Wir besichtigen eine gut erhaltene Höhlenwohnung. Anschließend führt uns der Weg aus dem Roten Tal wieder zurück zum Dorf Cavusin. Auf dem Weg in das Dorf ist bereits von weitem die abgebrochene Tuffsteinfelswand sichtbar. Eindrucksvoll, ja gigantisch erscheint dieser mit vielen Höhlenöffnungen versehene Felshang. 1963 gab der Hang nach, zerstörte die größte und älteste Kirche von Cavusin und brachte etlichen Dorfbewohnern den Tod.
Heute werden ganze Busladungen von Touristen nach Cavusin gebracht. Sie staunen und gucken, fotografieren und kaufen eine Kleinigkeit von den vielen Souvenirladen-Betreibern. Anschließend steigen sie wieder in ihre Busse und werden zum nächsten „Viewpoint“ gefahren.
Wir Wanderer jedoch suchen uns ein kleines ursprüngliches Lokal und bestellen Granatapfelsaft und ein kleines Mittagsgericht. Unsere Wanderung dauerte knapp drei Stunden. Für den Nachmittag ist ein Besuch des „Göreme-Freilichtmuseums“ vorgesehen. Die Fahrt dorthin dauert wieder nur ca. 15 Minuten.
Das „Göreme-Freilichtmuseum“ beinhaltet einen Komplex aus freskenverzierten Felsenkirchen und -kapellen. Es gibt aber auch große Vorratsräume, eine Küche und ein Refektorium, alles im Fels, zu besichtigen. Wir nehmen uns 2 Stunden Zeit, um alles in Ruhe anzusehen.
Auf der Rückfahrt zum Hotel legen wir bei Uchisar einen kleinen Stopp ein. Osman möchte uns auf Wunsch einiger aus unserer Reisegruppe ein Höhlenhotel zeigen. Es ist der etwas andere Urlaub, traditionell im Tuffstein. Ehrlich gesag – mein Ding wäre das nicht. Es riecht doch etwas muffig.
Für heute Abend bietet uns Osman einen fakultativen Ausflug zu den „tanzenden Derwischen“ des Mevlana-Ordens an. Kostenfaktor: 28 EURO, also nicht ganz billig. Wir fahren um 20:30 Uhr zu einer in der Nähe gelegenen alten Karawanserei. Das angestrahlte Gebäude mit seinem wunderschönen Innenhof hinterlässt auf mich einen erhabenen, würdevollen Eindruck. Zur Begrüßung wird ein Glas Tee gereicht.
Die rituelle Kleidung der Derwische soll an das Ende des Lebens erinnern. Die schwarzen Umhänge stehen für das Grab, die weißen Gewänder für das Leichentuch, die aus Kamelhaar gefertigten Filzhüte verkörpern den Grabstein, das auf dem Boden ausgelegte rote Tierfell symbolisiert den Platz Mevlanas. Die Vorführung, in Art eines Gottesdienstes, beginnt mit Verszeilen aus einem Mevnevi-Gedicht.
Danach legen die Derwische ihre schwarzen Umhänge ab und symbolisieren damit die spirituelle Wiedergeburt Mevlanas. Die Tanzzeremonie wird durch einen Scheich geleitet. Es erklingt Trommel- und Fötenmusik, begleitet von Gesang. Der Scheich gibt ein Zeichen und der Tanz beginnt. Die Derwische öffnen ihre Arme. Die rechte Handoberfläche zeigt nach oben, die linke nach unten. Langsam beginnen sie sich um die eigene Achse zu drehen, werden immer schneller und schneller. Sie tanzen sich in eine Art Trance. Das Ritual ist ein Gebet und zentraler Ausdruck des Glaubens. Um 23:00 Uhr sind wir wieder zurück in unserem Hotel.
21.10.2009
Bereits um 05:15 Uhr heißt es für mich schon wieder: aufstehen, denn heute möchte ich mir einen Traum erfüllen: Eine Ballonfahrt über Kappadokien. Sie ist natürlich fakultativ und kostet 140 EURO. Wir, das sind Bärbel, Christina und ich, werden um 05:45 mit einem Kleinbus von unserem Hotel abgeholt. Es geht über Uchisar nach Göreme. Dort steigen jeweils weitere Gäste zu. Den Startplatz erreichen wir 5 Minuten nach 6:00 Uhr ca. 1,5 km nordöstlich von Göreme. Auf dem Platz sind bereits etwa einhundert Menschen versammelt. Die Bezahlung erfolgt jetzt vor Ort. Außerdem muss jeder seinen Namen in eine Liste eintragen. Wird man später anhand der Namensliste die Verunglückten feststellen? Plötzlich verspüre ich die morgendliche Kälte. Oder bekomme ich Muffensausen?
Auf einem provisorischen Holztisch ist ein kleines Frühstück, bestehend aus Keksen und Kuchen, angerichtet. Auch heißes Wasser für einen Tee oder Kaffe in Plastikbechern kann man dort bekommen. Weil aber plötzlich alle auf einmal um den Tisch drängen, entsteht ein fürchterliches Chaos. Ich schaffe es, heißes Wasser und einen Teebeutel zu ergattern. An einem Lagerfeuer können wir uns etwas aufwärmen. Wir sehen zu, wie dutzende Heißluftballons startklar gemacht werden. Plötzlich haben wir drei ein Problem. Welcher Ballon ist der unsere und wo ist der Fahrer von unserem Kleinbus und wie sah der überhaupt aus? Wir können uns jedoch durchfragen und schaffen es irgendwie, vor unserem Ballon zu stehen.
Der Morgenhimmel färbt sich langsam in ein helleres Licht. Der ganze Platz ist voll von den riesigen Ballons, die unaufhörlich mit Heißluft gefüllt werden. Viele Helfer sind unentwegt mit allen möglichen Aufgaben beschäftigt. Dann ist es soweit. Wir klettern in einen riesigen geflochtenen Korb, der an einem noch viel riesigeren Ballon hängt. Fast unfühlbar steigen wir auf und ein aufregendes Gefühl von scheinbarer Schwerelosigkeit macht sich in mir breit. Welch ein erhebender Moment für mich.
Die Sonne geht langsam auf und ich zähle fast 30 herrlich bunte Ballons um uns herum. Wir erleben die bizarre Felslandschaft Kappadokiens aus einer neuen und einzigartigen Perspektive. Wir steigen in die Höhe, um anschließend ganz nah an den Felsformationen vorbeizuschweben. Anschließend geht es wieder in die Tiefe eines Tales. Die Feenkamine sind fast mit den Händen zu berühren. Wird der Brenner eingeschaltet, wird es auch ganz schön heiß über meiner Kopfhaut.
Schwebend bewegen wir uns Richtung Nordwesten. Wir sehen den Fluss Kızılırmak, den Roten Fluss, vor uns. Die Stadt Avanos muss also nordöstlich sein. Unter uns, auf der Straße und den Feldwegen, sind Fahrzeuge mit Anhängern zu sehen. Für jeden Ballon gibt es eine Crew am Boden. Sie lassen ihren Ballon nicht aus den Augen und sind bei der Landung unentbehrlich.
Langsam, ganz langsam verlieren wir an Höhe. Einige Ballons sind bereits gelandet. Unter uns befindet sich ein Ackerfeld. Unsere Bodencrew fährt in Position. Es werden Leinen heruntergelassen. Wir streifen leicht und sanft den Ackerboden. Unser Pilot startet ganz kurz den Brenner, die heiße Luft lässt den Ballon wieder kurz steigen, um anschließend zielgenau auf dem Anhänger zu landen. Eine gewaltige Leistung unseres Piloten David – übrigens ein waschechter Australier. Der stürmische Beifall gehört allein ihm. Alle sind mächtig beeindruckt von dieser punktgenauen Landung.
Mit Hilfe der Bodencrew klettern alle aus den Korb. Es werden Heldenfotos geschossen und es gibt ein Gläschen Sekt und jeder bekommt ein Zertifikat mit seinem Namen (deshalb also der Eintag in die Namensliste) überreicht. Die reine Ballonfahrt hat genau eine Stunde gedauert. Anschließend werden wir mit dem Kleinbus wieder in unser Hotel gebracht, in dem wir um 9:10 Uhr ankommen.
Die vier Daheimgebliebenen unserer Reisegruppe gewähren uns noch eine halbe Stunde Frühstück, dann brechen wir auf zu unserer heutigen Wanderung. Wir fahren zuerst nach Uchisar, biegen dort aber Richtung Süden ab und erreichen kurz darauf um 10 Uhr unseren Ausgangspunkt für die heutige Wanderung. Es wird eine eindrucksvolle Panoramawanderung über den Tafelberg Boztepe in das pittoreske Zelvetal. Nach eineinhalb Stunden erreichen wir Göreme. Dort steigen wir wieder in unseren Kleinbus ein und fahren ca. fünf Minuten zum Ausgangspunkt unserer nächsten Wanderetappe.
Weiter geht es dann zu den Erdpyramiden von Padabag und den sehr speziellen Feenkaminen im Liebestal bei Cavusin. Dieses Tal mündet in einen Feldweg, der zur Verbindungsstrasse Cavusin – Göreme führt. Wir sind auf dieser zweiten Etappe eine Stunde unterwegs. Wir fahren nun nach Cavusin Richtung Avanos, biegen jedoch vorher rechts ab und halten wenig später auf einem Rastplatz für eine Mittagspause. Hier befindet sich einer der vielen Viewpoints für die stetig ankommenden Busladungen mit Touristen. Es ist das Pasabaglari – das Tal der Mönche mit seinen wuchtigen Felsspitzen und dunklen Hauben.
Weiter geht es Richtung Avanos. Und noch einmal, kurz vor Avanos, biegen wir rechts ab. Wir besichtigen das Devrent-Tal. Das Tal war nie bewohnt und somit fehlen die sonst so typischen Löcher im Fels. Die Natur hat hier reichlich bizarre Formen hervorgebracht. Mit ein wenig Fantasie lassen sich Menschen, Hasen, Kamele, Dinosaurier und andere Ungetüme entdecken. Nach 40 Minuten hat jeder seinen Lieblingsfelsen gefunden und fotografiert. Nun geht es zurück nach Avanos, dem Zentrum des kappadokischen Töpferhandwerks.
Avanos wird durch den längsten Fluss der Türkei, den Kizilirmak – den Roten Fluss -, in zwei Teile gespaltet. Am Fluss wird die charakteristische rote Erde gefunden, die die Töpfereien verarbeiten. In der Antike war die rote Erde ein begehrter Handelsartikel bis hin nach Europa. Wir fahren über den Fluss in den nördlichen Teil, in das alte Viertel der Stadt. Hier nehmen wir uns ausgiebig Zeit für einen Bummel und die Besichtigung der zahlreich vorhandenen sehr alten Läden mit Töpferkunst. Anschließend machen wir uns den Spaß und balancieren über die schwankende Fußgänger-Hängebrücke über den Fluss Kizilirmak. Wieder zurück in der Altstadt bleibt noch Zeit für ein Glas Tee, bevor der Bus uns ins Hotel zurück bringt.
22.10.2009
Heute starten wir erst um 09:30 Uhr. Unser erstes Ziel ist eine „Teppichfabrik“, etwas südlich von Uchisar gelegen. Jeder Versuch am Vorabend, unseren Reiseleiter Osman umzustimmen und auf dieses Highlight doch zu verzichten, fruchtete nicht. Es sei der ausdrückliche Wunsch und Wille der türkischen Regierung, seinen Gästen das älteste und traditionellste türkische Handwerk vorzuführen. Er kann da keine Ausnahme machen.
In der Teppichfabrik angekommen, werden wir sehr freundlich empfangen. Nach kurzem Statement des sehr gut deutsch sprechenden Leiters der Teppichfabrik über die deutsch – türkische Freundschaft, die Geschichte der Teppichknüpferei, der Seidenstraße und die Wichtigkeit eines Knotens dürfen wir sehr alte und ganz neue patentierte Teppiche an den Wänden bewundern.
Der Teppich ist nicht nur Teppich, sondern auch eine Wertanlage, besonders in Krisenzeiten! Anschließend dürfen wir die Teppichknüpferinnen bei der Arbeit bewundern. Aber nun ist endgültig Schluss mit dem Vorgeplänkel. In einem weiteren Raum werden zahlreiche Teppiche ausgebreitet und wir zum kaufen animiert. Immer schneller und zahlreicher werden die teuren Stücke auf den Boden geknallt. Mich schwindelt beim Anblick von so viel kostbarer Kunst; ich verlasse den Raum. Puh, das wäre geschafft!
Weiter geht es mit dem Bus nach Derinkuyu. Derinkuyu heißt „Tiefer Brunnen“. Wir schauen nicht nur in einen Brunnen, sondern gehen hinab in eine unterirdische Stadt. Rund 50 davon werden in Kappadokien vermutet, 36 hat man bis jetzt entdeckt. Man nimmt an, dass bereits in der Hethiterzeit, also vor rund viertausend Jahren, die ersten unterirdischen Siedlungen entstanden.
Christen bauten infolge der Christenverfolgung durch die Römer und der Überfälle der Araber im siebten Jahrhundert diese Fluchtstätten über mehrere Stockwerke aus. Bis zu sechs Monate konnten mehrere tausend Menschen in dieser Unterwelt verbringen.
Die Eingänge wurden bei Gefahr mit Rollsteintüren verschlossen. Eine unterirdische Stadt beinhaltete fast alles, was auch eine überirdische Stadt bot. Es gab Aufenthalts-, Schlaf- und Essräume, Küchen und Vorratsräume, Speicher und Ställe für die Tiere, Weinkeller und Depots für Wasser und Öl, Waffenlager und Toiletten. Natürlich durften auch eine Kirche und ein Klosterkomplex nicht fehlen. Die Stadt wuchs bis zu einer Tiefe von 55 m und einer Fläche von 4 Quadratkilometern. Leider ist für diese außergewöhnliche Stadtbesichtigung nur eine dreiviertel Stunde vorgesehen und so sitzen wir alsbald wieder im Bus.
Nach einer knappen Stunde Fahrzeit, für kappadokische Verhältnisse sehr lange, erreichen wir unser Ziel, die Ihlara-Schlucht. Schon von weitem wird uns klar – diese Wanderung unterscheidet sich von den vorhergehenden. Die Ihlara Schlucht – auch als der Grand Canyon der Türkei bezeichnet – erstreckt sich 14 km lang zwischen den Orten Ihlara und Selime. Am Grund des Canyon fließt der Melendiz-Bach und sorgt für eine grüne Oase. Am nördlichen Ortsende von Ihlara führt eine Treppe mit fast 400 Stufen über 100 m tief in den Canyon.
Dann geht es immer am linken Flussufer entlang. Über das ganze Tal sind unzählige Felsenkirchen, -kapellen, -gräber, -wohnungen und -klöster verteilt. In Belisirma machen wir am Ufer des Melendiz um 14:00 Uhr unsere Mittagspause. Ich bestelle mir eine Forelle, super lecker. Nach einer Stunde Nichtstun, auch mal ganz angenehm, raffen wir uns wieder auf. Wir überqueren eine Brücke und folgen ab jetzt den Fluss von seiner anderen Seite bis nach Selime, wo unser Bus bereitsteht. Die Wanderung dauert ohne Pausen knapp drei Stunden. Um kurz vor 17:00 Uhr fahren wir wieder zurück zum Hotel wo wir um 18:00 Uhr eintreffen.
23.10.2009
Wir starten zu unserer letzten Wanderung wieder um 09:30 Uhr. Es geht Richtung Nevsehir. Wir verlassen Nevsehir in nordwestlicher Richtung und halten kurz vor dem Dorf Cat.
Das Cat-Tal ist erst seit kurzem touristisch erschlossen und so begleitet uns auf dieser Wanderung ein zusätzlicher einheimischer Führer. Hier ist Kappadokien noch ganz ursprünglich.
Unser Weg führt uns vorbei an vielfältigen Feenkaminen und Tuffsteinpilzen. Unseren Weg säumen Ölweiden-, Aprikosen- und Pappelbäume. In den weichen Tuffstein sind mit Ornamenten verzierte mehrstöckige frühchristliche Siedlungskomplexe geschlagen und infolge der Erosion teilweise abgebrochen. Viele verlassene Felswohnungen werden heute als Taubenhäuser benutzt. Entlang eines Flüsschens gelangen wir zurück in das Dorf Cat. Dort angekommen, nehmen wir das Mittagessen bei einer türkischen Familie ein. Nach dem Mittagessen reicht die Zeit noch für einen kleinen Bummel durch das Dorf.
Das Dorf, so scheint es, hat noch seinen ursprünglichen Charme bewahrt. Wir verlassen schließlich um 14:30 Uhr diesen Ort, um 20 Minuten später den restlichen Nachmittag im Hotel zu verbringen.
24.10.2009
Heute heißt es: Abschied nehmen von Kappadokien. Die Reisetasche ist gepackt und im Bus verstaut. Alle sieben Wanderfreunde nehmen ihren Stammplatz im Bus ein. Los geht es um 8:00 Uhr.
Wir fahren wieder durch die trostlose Gegend, nun aber Richtung Südwest. Den ersten Stopp legen wir um 9:30 Uhr ein. Wir besichtigen die größte Karawanserei Kleinasiens, die Sultanhani. Sie liegt heute auf halbem Weg zwischen Aksaray und Konya und befand sich damals direkt an der historischen Seidenstraße.
Die Karawanserei wurde im 13 Jahrhundert durch den seldschukischen Herrscher Kai Kobad I. gegründet. Man betritt sie durch ein reich verziertes Portal im Nordosten und gelangt in einen rechteckigen Hof, in dessen Mitte eine kleine Moschee steht. Dem Eingangsportal gegenüber schließen Stallungen an den Hofplatz an deren Grundfläche nochmals etwa der Hofgröße entspricht.
Das Dachgewölbe der Stallungen tragen 32 Säulen, die den Raum in mehrere Schiffe gliedern. Hier lagerten die Tragtiere und in der kalten Jahreszeit auch deren Begleiter. Während der wärmeren Monate schliefen die Menschen auf dem Dach, das sie über Treppen an der Hofmauer erreichen konnten. In der Westecke des Hofes liegt das Hamam – das türkische Bad – und daran anschließend Vorrats- und Küchenräume sowie einige kleine Wohnräume. Auf der gegenüberliegenden Längsseite des Platzes befinden sich Lagerräume für die Waren.
Nach einer weiteren guten Stunde erreichen wir wieder Konya. Diesmal besichtigen wir die Karatay Medrese, eine ehemalige Koranschule. Sie wurde 1251 unter dem Seldschukenwesir Karatay errichtet. Heute befindet sich in ihr ein Museum. Sehr schön anzusehen sind die mit Fliesen verzierten Wände und die Kuppel. Nach diesem kulturellen Höhepunkt nutzen wir die Zeit für einen kleinen Bummel durch die Geschäfte der Stadt bzw. für einen kleinen Imbiss. Um 13:00 Uhr machen wir uns dann endgültig davon, Richtung Taurus-Gebirge, Manavgat und Antalya.
Am späten Nachmittag checken wir dann wieder für eine Nacht in das 5 Sterne Hotel IC-Airport ein.
25.10.2009
Der letzte Urlaubstag ist bekanntlich auch Abreisetag und es wird Zeit, endgültig Abschied zu nehmen. Mein Flug geht erst um 15:45, also habe ich noch alle Zeit der Welt. Ich frühstücke zusammen mit Christina und Bärbel und wir sehen anschließend noch, wie sich Karin und Klaus auf dem Weg zu ihrem Anschluß-Badeurlaub machen.
Als nächstes verlässt uns Bärbel und am späten Vormittag Christina.
Nun bin ich der letzte unserer Mini-Reisegruppe, der auf seinen Rückflug wartet. Noch einmal setze ich mich in die Sonne und genieße die Sonnenstrahlen. Noch einmal spaziere ich durch die sehr schön angelegte Parkanlage des Hotels. Noch einmal gehen meine Gedanken nach Kappadokien. „Katpatuka“ nannten die Perser die Region, „Land der schönen Pferde“. Ich habe ein „Land der schönen Steine“ entdeckt, bereist und durchwandert.