Iran

Reisebericht 2015 "Geheimnisvolle Schätze Persiens aktiv erleben" 05.10.2015 - 15.10.2015

Auf die Frage: „Wo soll es den dieses Jahr hingehen?“ antworte ich kurz und knapp: „In den Iran“. Die Reaktion auf diese Antwort ist eindeutig. Niemand antwortet mir mit: „Prima Entscheidung, der Iran ist ein tolles Land“. Erstaunen bis hin zu Kopfschütteln über diesen etwas durchgeknallten Entschluss sind die Reaktionen.

Viele der Fragenden wollen aber trotzdem wissen, wo dieses Land eigentlich genau liegt. Ich antworte leicht ironisch: „Links davon ist der Irak und rechts davon befindet sich Afghanistan.“ Jetzt bekomme ich immer dieselbe Frage gestellt: „Ist das nicht gefährlich?“. Naja – was ist denn heute ungefährlich? Es gibt Terroranschläge auf der ganzen Welt.

Und wie sieht es mit den Menschenrechten aus? Ich weiß: Der Iran ist ein Gottesstaat und ist mit westlichen Demokratien nicht im Entferntesten zu vergleichen. Trotzdem und auch gerade deshalb ist dieses Land für mich so interessant. Weil es eben so ganz anders ist!

05.10.2015 Neubrandenburg - Istanbul

Den Tag beginne ich ohne Hektik. Erst um 13:45 Uhr fährt der Bus im Schienenersatzverkehr von Neubrandenburg nach Neustrelitz. Weil der Bus über etliche holprige Landstraßen noch einige Dörfer ansteuert, benötigen wir eine ganze Stunde bis zum Bahnhof in Neustrelitz. Normal sind ansonsten 30 Minuten. In Neustrelitz steige ich in den Zug nach Berlin, um pünktlich vom Berliner Gesundbrunnen mit der S42 bis zur Beusselstraße zu fahren. Von dort bringt mich der Bus TXL zum Airport.

Die Thurkish Airlines begrüßt mich kurz nach 19:00 Uhr an Bord. Auffallend dabei ist eine als Koch kostümierte Servicekraft. Das hatte ich so auch noch nicht erlebt, weckt aber die Hoffnung auf gute Betreuung. Und ich werde nicht enttäuscht. Jeder Sitzplatz hat seinen eigenen Bildschirm, die Beinfreiheit ist ausreichend, es wird warmes Essen serviert und sogar alle Getränke (auch alkoholische) sind im Preis inbegriffen. Die Turkish Airlines hebt sich somit positiv von vielen anderen europäischen Fluggesellschaften ab. Kurz vor der Landung gegen 23:00 Uhr in Istanbul rufe ich mir auf meinem Bildschirm die Anschlussflüge ab. Die erhaltene Gate-Nummer hilft mir beim Umstieg.

06.10.2015 Istanbul - Tabritz

Schneller als vorher gedacht finde ich das Gate für den Weiterflug nach Tabriz. Dort trifft sich die gesamte Reisegruppe einschließlich Reiseleiterin.

In der Wartezone werde ich, wahrscheinlich von einem Iraner, gefragt: „Where do you come from?“ Tatsächlich – es ist ein junger Iraner. Er stellt sich vor und fragt anschließend nach meinem Wohin. Das Austauschen von Handy-Nummer und E-Mail Adresse lehne ich aber anschließend ab. Kein „Aufreger“ für unsere Reiseleiterin. Geduldig und freundlich beantwortet auch sie jede Frage der Iraner. Für sie ist diese „Aufdringlichkeit“ nichts Besonderes. Die Iraner sind einfach nur an allem interessiert, das außerhalb des eigenen Landes passiert. Es ist die reine Neugierde der Iraner an uns Westeuropäern.

Pünktlich geht es dann um 00:25 mit der Turkish Airline weiter Richtung Tabritz im Iran. Dieses Mal – auf dem Flug nach Istanbul bestellte ich Beef – wähle ich Lachs als warme Mahlzeit. Wir landen um halb vier Ortszeit. Halt! – kurz vor der Landung geschieht etwas in völliger Ruhe und Gelassenheit: Alle Frauen im Flieger bedecken ihr Haupt mit einem Kopftuch. Auch die iranischen Frauen, soweit ich das einschätzen kann, hatten bis jetzt auf eine Verhüllung ihrer Haare verzichtet.

Nach der Landung ist die Passkontrolle so unspektakulär wie, als würde ich in ein x-beliebiges Land außerhalb der EU verreisen. Nun kommt, wie immer, der spannende Augenblick am Gepäckband. Glücklich greife ich nach meiner Reisetasche auf dem Förderband. Anschließend werden wir von unserem lokalen iranischen Reiseleiter Ali empfangen.

Beide – unsere deutsche Reiseleiterin und Ali – kennen sich und das Wiedersehen ist überschwänglich. Ali gibt erste Infos: Toiletten sind dort, Geld tauschen ist nicht nötig, weil er schon alles für den Anfang organisiert hat. Und: Herzlich willkommen im Iran!

Gegen 05:00 Uhr sind wir in unser erstes Hotel im Iran, dem International Tabriz. Kurze Info unserer Reiseleiterin: Wecken um 07:30 Uhr, Frühstück und dann Abfahrt um 09:00 Uhr. Was für ein Horror! Ich habe Urlaub!

Es gibt Probleme, und da bin ich nicht der Einzige Betroffene, mit meiner Zimmerkarte. Noch einmal zur Rezeption; Karte wird neu geladen; jetzt klappt es mit der Technik.

Pünktlich um 09:00 Uhr im Bus – wir sind schließlich eine deutsche Reisegruppe… – verteilt Ali Briefumschläge, die 50 Euro in der Landeswährung Rial enthalten. Ali hat uns alle soeben zu Millionären gemacht. Ali ist nicht nur unsere private Wechselstube; Ali verteilt auch an jeden eine kostenlose Flasche Wasser an jedem Tag unserer Reise.

Unser Busfahrer steuert das erste Ziel an diesem Tag an. Wir erkunden das Bergdorf Kandovan, das sich ca. 50 km südlich von Tabriz am Ausläufer des Sahand-Gebirges befindet. Die Gegend weckt Erinnerungen an Kappadokien. In den Tuffsteinkegel wurden, ähnlich wie in Kappadokien, Häuser hinein gebaut. Alles wirkt hier wie im Mittelalter.

Nach dem Rundgang und einem Tee, gereicht von unserem Busfahrer, geht es zurück nach Tabriz. Wir machen Halt vor einem wunderschönen Restaurant. Die Inneneinrichtung ist sehr exotisch. Man kann auf Teppichen oder an Tischen Platz nehmen. Wir bestellen uns einen Eintopf mit Hammelfleisch. Dazu gibt es Fladenbrot. Jeder bekommt dieses Brot in der Größe eines Handtuchs. Alles schmeckt echt lecker.

Der nächste Programmpunkt ist der Besuch des Azarbaidjan-Museum. Tabriz (oder auch Täbris) ist die Hauptstadt von Ost-Aserbaidschan im Iran und das kulturelle Zentrum der iranischen Aserbaidschaner. Leider hat das Museum auf Grund einer Inventur ausgerechnet heute geschlossen. Ehrlich gesagt bin ich darüber nicht traurig, denn so langsam brauche ich ein Bett.

Aber gleich nebenan befindet sich die Blaue Moschee, die wichtigste Sehenswürdigkeit von Tabriz. Der Name gab ihr der blaue Fliesenschmuck. Für mich persönlich ist die Besichtigung einer Moschee auch immer der Eintritt in eine faszinierende, zauberhafte Märchenwelt. Zeigt sie doch die wundervolle Pracht des alten Persien sehr anschaulich.

Nach einem kurzen Abstecher auf den Basar sind wir um 18:00 Uhr wieder in unsem Hotel. Um 19:00 Uhr ist Abendessen und anschließend falle ich todmüde in mein Bett.

Bergdorf Kandovan
Bergdorf Kandovan
Bergdorf Kandovan
Bergdorf Kandovan
Bergdorf Kandovan
Bergdorf Kandovan

07.10.2015 Tabritz - Bandar e-Anzali

Wecken um 06:30 Uhr, Frühstück ab 07:00 Uhr, Abfahrt um 08:00 Uhr. Wir verlassen heute schon wieder Tabriz. Unsere Reisepässe, die wir an der Rezeption abgeben mussten, bekommen wir nun wieder. Heute ist eine lange Busfahrt vorgesehen. Ganze 450 km fahren wir bis ans Kaspische Meer.

Doch noch sind wir in Tabriz und holen den Besuch des Azarbaidjan-Museum mit seinen archäologischen und ethnologischen Sammlungen nach. Danach jedoch sind wir aus Tabriz raus und haben die erste Straßenkontrolle hinter uns. Es werden noch einige folgen. Nicht wir werden kontrolliert, sondern unser Busfahrer, wie jeder andere LKW- oder PKW-Fahrer. Wahrscheinlich müssen Maut-Gebühren gezahlt werden oder es werden nur der Führerschein und die Zulassung kontrolliert. Aber auf jeden Fall wird auch das Fahrtenbuch zwecks Einhaltung der Fahrtzeiten inspiziert. Nur einmal schaut ein Kontrolleur in unseren Bus. Es herrscht Anschnallpflicht.

In jedem Ort im Iran, den wir durchfahren, sind an den Hauptverkehrsstraßen Bilder von jungen Männern zu sehen; ähnlich wie bei uns kurz vor einer anstehenden Wahl. Nur sind diese Abbildungen nicht auf billigem Pappkarton zu sehen, sondern für eine kleine Ewigkeit gemacht. Unsere Reiseleiterin klärt uns auf: Es sind die Darstellungen der jungen Männer, die im Irak-Iran-Krieg von 1980 bis 1988 für ihr Vaterland ihr Leben gelassen haben. Diese Plakate sind sogenannte Märtyrer-Bilder.

Zur Mittagszeit erreichen wir die Stadt Ardabil. Ein Teil der Reisegruppe verzichtet auf eine Mahlzeit. Sie wollen lieber die Straße entlang bummeln und in die umliegenden Geschäfte bummeln. Im Restaurant fotografiere ich eine an der Wand angebrachte Gaslampe, die direkt an einem Gasrohr angeschlossen ist. Das sieht schon etwas lustig aus.

Nach der Mittagspause besuchen wir das Grabheiligtum des Ahnherrn der Safawiden-Dynastie, Shaikh Safi al-Din. Dieser gründete um 1400 hier ein Sufi-Ordenskloster, das später zu einer wichtigen Wallfahrtsstätte wurde. Das ganze Areal besteht aus einem Vorgarten, von dem aus man über einen Vorhof in einen Innenhof kommt. Von dort schließen sich eine Gebets- und eine Andachtshalle an. Neben der Andachshalle wiederum befinden sich der Grabturm des Scheich Safi, das Mausoleum des Schah Ismails, der Wohntrakt und das Chini Khaneh (Porzellanhaus). Ich bin schlicht überwältigt von so viel Herrlichkeit.

Von Ardabil aus geht es weiter bis nach Astara am Kaspischen Meer. Wir fahren jetzt entlang der Küstenstraße Richtung Süden. Ab Talesh ist der Blick auf den größten Salzsee der Erde versperrt. Wir nähern uns dem heutigen Ziel, der Hafenstadt Bandar e-Anzali. Es ist bereits dunkel, als wir unser Hotel Sefid Kenar erreichen.

Hier am Kaspimeer sind die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur sehr hoch. Es ist eine völlig andere Klimazone als in Tabriz. Nach dem Einchecken (Reisepässe müssen abgegeben werden) und dem Bezug unserer Zimmer treffen wir uns eine 3/4 Stunde später zum Abendessen. Es werden große Teller mit den verschiedensten Gerichten in die Mitte der langen Tischreihe gestellt. Jeder kann sich nun nach Belieben auffüllen. Die Gerichte bestehen aus Fisch, Huhn und Kebab.

Für den morgigen Tag hat unsere Reiseleiterin die Abreise auf 08:00 Uhr festgelegt. Jedoch – es gibt Proteste. Wenn schon das Baden im Kaspischen Meer aus Zeitgründen nicht möglich sein wird, dann sollte doch wenigstens ein Strandspaziergang möglich sein. Wir beschließen die Abreise auf 08:30 Uhr zu verschieben.

08.10.2015 Bandar e-Anzal - Qazwin

Ich mache am Morgen meinen Strandspaziergang am Kaspischen Meer. Der Strand ist noch fast leer. Nur wenige Menschen schauen auf die sich kräuselnden Wellen. Zu schade, dass wir diesen Ort schon wieder verlassen. Das ist der Nachteil einer gebuchten und bis ins letzte Detail geplanten und organisierten Rundreise.

Unser erstes Ziel heute ist das in ca. 1000 Meter Höhe und ca. 100 km südwestlich von Bandar e-Anzali gelegene malerische und historische Bergdorf Masuleh. Dieses besteht aus zahlreichen Terrassen, die in die steilen Berghänge hinein gebaut wurden. Die Häuser schmiegen sich an den Bergrücken und nicht selten ist das Dach eines Hauses gleichzeitig die Terrasse bzw. der Gehweg des darüber liegenden Gebäudes.

Charakteristisch für die Häuser von Masuleh sind die balkonartigen Erker und Veranden aus Holz. Die Einwohner sind auf Tourismus eingestellt und so wird viel Kunsthandwerk angeboten. Autos müssen am Ortsrand abgestellt werden. Wir haben ausreichend Zeit, diesen Ort zu erkunden. Auch für die Iraner scheint dieses Dorf ein beliebter Ausflugsmagnet zu sein.

Als nächstes Reiseziel steuert unser Busfahrer die Rudkhān-Festung (persisch: Ghal’eh Rudkhān) an. Zur Mittagszeit entscheiden wir spontan, das Angebot eines Straßenverkäufers anzunehmen. Und schnell haben wir auch einen Händler mit Gebäck gefunden. Der Bus hält am Straßenrand und der Händler macht ein gutes Geschäft. Trotzdem – die Preise hier im Iran sind im Vergleich zu Deutschland lächerlich gering. Und das Gebäck hat sooo lecker geschmeckt!

Es beginnt zu regnen, zum Glück nur ein leichter Nieselregen. Für die bevorstehende Wanderung ist das trotzdem nicht gut. Als wir den Parkplatz erreichen, schüttet es schon wie aus Gießkannen. Ist ein Aufstieg jetzt überhaupt möglich? Ein Teil der Gruppe wagt es. Ich bin dabei.

Im unteren Teil, dort, wo wir jetzt sind, reihen sich die Verkaufsbuden dicht an dicht. Es herrscht Volksfeststimmung. Viele iranische Familien mit Kindern und Gruppen junger Leute versuchen sich am Aufstieg oder lassen es sich einfach nur gut gehen. Der Aufstieg ist nicht einfach. Der Weg zur Burg führt über einen fest angelegten Pfad. Sonst wäre es unmöglich gewesen wegen des feuchten Waldgeländes die Festung zu erreichen.

Die etwa 1000 Stufen sind zum Teil extrem steil und die Stufenhöhen variieren häufig. Es wird immer anstrengender. Nach jeder Biegung kommt eine neue, nicht enden wollende Treppe. Und es regnet immer noch. Ich bekomme Kniebeschwerden. Mein linkes Kniegelenk hatte schon vor dem Urlaub etwas Probleme bereitet. Ich hatte es ignoriert und jetzt habe ich den Salat. Aber ein Aufgeben kommt nicht in Frage.

Oben angekommen, macht der Regen eine kleine Pause. Ich brauche jetzt auch eine Pause, denn der Aufstieg war doch anstrengender als gedacht. Und wieder gibt es junge Iraner die uns ansprechen und begeistert darüber sind, dass wir ihr Land besuchen. Sie möchten mit uns zusammen ein Gruppenfoto machen.

Die sehenswerte Rudkhan-Festung aus der Sassaniden- Dynastie ist eine aus Backstein und Stein gebaute mittelalterliche Burg die strategisch günstig zwischen zwei Berggipfeln erbaut wurde. Die Wehrmauern von 1,5 km Länge ziehen sich über die zwei Erhöhungen des Bergrückens.

Es wird Zeit, den Abstieg zu beginnen. Bei erneut leichten Nieselregen ist die Rutschgefahr besonders hoch. Also aufgepasst! Mein Kniegelenk schmerzt bei dieser Tortur. Ich möchte nur noch sicher unten ankommen. Nach einer knappen Stunde ist es geschafft.

Nun geht es mit dem Bus weiter über die Großstadt Rasht nach Qazwin. Zu Abend essen wir nicht im Hotel, sondern bereits vorher in einem Restaurant. Zum einem, weil wir den Zeitplan wieder nicht einhalten können, aber auch, weil das Essen im Hotel nach Aussage unserer Reiseleiterin nicht so prickelnd sein soll. Ali regelt alles per Handy.

Das Essen im Restaurant ist ausgesprochen gut und somit steigt auch die Stimmung in der Gruppe. Spät am Abend checken wir dann im Hotel Marmar in Qazwin ein.

09.10.2015 Festung Alamut

Bereits um 08:00 Uhr fahren wir, aufgeteilt in zwei Kleinbusse, unserem heutigen Ziel, der Festung der berühmt-berüchtigten Assassinen, entgegen. Wir werden 4,5 Stunden dorthin unterwegs sein.

Nachdem wir die Stadt hinter uns gelassen haben, geht es immer tiefer in die urwüchsige Bergwelt hinein. Hier, im Elburz Gebirge, war im 10. Jahrhundert der Perser Hasan-i Sabbāh – häufig auch irrtümlich als „der Alte vom Berg“ bezeichnet – der Anführer einer ismailitischen Religionsgemeinschaft. Diese Glaubensgemeinde, eine militante Abspaltung der Sekte der Ismaeliten, wurde unter dem Namen Assassinen bekannt. 1090 brachte Hasan-i Sabbāh die Festung Alamut in seinen Besitz, die er bis zu seinem Tod nicht mehr verlassen sollte. Er ließ einen schönen Garten anlegen und eine große Bibliothek errichten. Die Bergfestung sollte nach diversen Umbauten für die nächsten 160 Jahre als uneinnehmbar gelten.

Seine Anhänger wurden als religiös-fanatische Krieger und Kämpfer ausgebildet. Selbst Marco Polo beschrieb in seinem Reisebericht, wie die unter Drogen gesetzten Jünglinge in den schönsten und größten Garten der Welt gebracht wurden. „In den Brunnen floss Wasser, Honig und Wein. Die schönsten Jungfrauen und Edelknaben sangen, musizierten und tanzten dort.“ Wieder in die Gegenwart zurückgekehrt, wurde ihnen dieses Paradies auf Ewigkeit versprochen, wenn sie bereit wären, ihr Leben für den Kampf gegen die sunnitischen Machthaber herzugeben.

Als Waffe wählten sie stets den Dolch und ihre Opfer waren immer Männer mit Einfluss. Mit List und Verkleidung gelangten sie regelmäßig in höchste Kreise und nahmen bei den Attentaten den eigenen Tod billigend in Kauf. Sogar christliche Kreuzfahrer wurden Ziel der Assassinen (auch Haschisch-Fresser genannt). Der Markgraf Konrad von Montferrat, König von Jerusalem, wurde 1192 erstochen. Die Mörder hatten sich als christliche Mönche getarnt. Erst den Mongolen gelang es letzten Endes, 1250 die Festung Alamut zu erobern und zu zerstörten.

Wir sind jetzt im Dorf Gazor Khan angekommen. Es liegt unterhalb der Burg. Unsere Kleinbusse quälen sich über eine schmale Straße durchs Dorf, um wenig später am Einstieg zum Berg anzuhalten.

Die Begrüßung ist abweisend. Es schüttet wie aus Gießkannen. Ein kleiner Bach wird zum reißenden Fluss. Jetzt aufzusteigen ist unmöglich. Wir gehen zu einer nahegelegenen Gaststätte. Vor dem Betreten ziehen wir die Wanderschuhe aus. Das Innere wirkt wie ein Wohnzimmer. In der Mitte liegt ein großer Teppich und vor den Wänden sind Sessel, eine Couch und ein kleiner Tisch angeordnet. Traditionell nehmen wir auf dem Teppich Platz und essen eine Kleinigkeit. Mittlerweile ist auch der Wolkenbruch vorbei und somit der Aufstieg möglich.

Wir machen uns auf, um den Berg zu erklimmen. Dieses Mal habe ich meine Wanderstöcke dabei und der Aufstieg gelingt mir, trotz lädiertem Knie, recht gut.

Es ist, ehrlich gesagt, nicht mehr allzu viel von der alten Festung vorhanden. Gleichwohl sind die Aussichten auf die atemberaubende Bergwelt während des Auf- und späteren Abstiegs wunderschön. Wieder unten am Kleinbus angekommen, bin ich noch zutiefst beeindruckt von diesem geschichtsträchtigen Ort.

Auf der Rückfahrt machen wir einen Abstecher zum ca. 1.800 Meter hoch gelegenen Evan-See. Für mich stellt dieses Gewässer, abgesehen von der Höhe, nicht Besonderes dar. Es ist ein kleiner runder Bergsee mit Schilfgürtel am Ufer. Da gibt es in Mecklenburg Besseres zu sehen.

Wir sind fast die einzigen Besucher. Eine iranische Familie hat am Ufer ihr Zelt aufgeschlagen und übt sich im Camping. Weil es aber schon recht kalt geworden ist, flüchten sie sich lieber zum Aufwärmen in ihr Auto. Alle sind der Meinung, dass wir die Rückfahrt nun fortsetzen sollten. „Ph, na gut, wie ihr wollt“, gibt die Reiseleiterin schmunzelnd nach.

Die restliche Fahrt ist geprägt durch eindrucksvolle Landschaftsbilder inmitten des Sonnenuntergangs. Wir können uns nicht sattsehen an den Farben dieser wirklich zauberhaften Gebirgswelt.

Auch heute Abend nehmen wir das Essen, auf Grund der Buchung durch eine geschlossene Gesellschaft, nicht im Hotel, sonder in einem nahegelegenen Restaurant ein.

10.10.2015 Teheran

Unser heutiges Ziel heißt: Teheran, die Hauptstadt des Iran. Den ersten kurzen Fotostopp in der Hauptstadt legen wir am Azadi-Monument ein. Es ist ein wirklich eindrucksvolles Bauwerk und als Wahrzeichen Teherans ein Muss. Azadi bedeutet Freiheit. Das Denkmal wurde 1971 anlässlich der 2.500 Jahrfeier des iranischen Kaiserreichs errichtet und ist 45 m hoch.

Ein weiteres hohes Gebäude ist in der Ferne zu erkennen, der 435 m hohe Fernsehturm. Weiter geht es mit dem Bus in den Norden der Stadt. Mit einer Gondel fahren wir auf 2.480 m Höhe bis zum Fuß des Tocal, der mit fast 4.000 m Höhe der Hausberg der Hauptstädter ist. Bevor wir von dort zur Talstation absteigen, genießen wir den großartigen Blick auf die Megacity.

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Teheran
Nationalmuseum

Da wir heute nur noch einen Programmpunkt – den Besuch des Nationalmuseums – auf dem Plan haben, bringt unsere Reiseleiterin einen Vorschlag ein: wir fahren jetzt zum Ferdowsi Grand Hotel, checken ein, essen im Hotel zu Mittag und anschließend kann, wer möchte, sich dem Ziel, das Nationalmuseum zu besichtigen, anschließen oder auf eigene Faust versuchen, die Hauptstadt zu erkunden. Dafür fällt das gemeinsame Abendessen aus. Der Vorschlag wird dankend angenommen.

Ich schließe mich am Nachmittag den Museumsfans an. Der Besuch von Geschichts- und Kunstsammlungen ist zwar nicht ganz so prickelnd, wenn ich von mir ausgehe. Unsere Reiseleiterin, Frau Angelika Meißner, versteht es jedoch mit ihrer lockeren und sehr informativen Art, sogar mich zu einem interessierten Museumsbesucher zu machen.

Und was gibt es so alles in diesem Nationalmuseum zu entdecken! Es sind nicht weniger als 7.000 Jahre Geschichte der Menschheit. Besonders beeindruckend sind für mich die ersten Keilschriften unserer Vorfahren. Als moderner Mensch, vertraut mit den elektronischen Möglichkeiten der heutigen Kommunikation, erstaunen mich die Exaktheit der Schriftzeichen und die absolute Linientreue. Meine Keilschrift kommt nicht annähernd an diese Schönheit heran…

Ebenfalls sehenswert: die vielen Keramikgefäße, die in ihrer Form der heutigen Moderne in nichts nachstehen würden. Und natürlich nicht zu vergessen – das Thronrelief (Schatzhausrelief) von Darius I. dem Großen.

Wieder im Hotel gönne ich mir erst mal eine Stunde Ruhe. Auch mal schön; besonders im Urlaub… Anschließend beschließe ich, meine nähere Umgebung zu erkunden. Also – wieder raus aus dem Hotel.

Mich empfängt ein brüllender Straßenlärm. Rechts oder links entlang? Ich entscheide mich für rechts. Aber so richtig kann ich mich für einen Abendbummel nicht begeistern. Ich mag es lieber etwas ruhiger und nicht so hektisch. Es dauert also nicht lange und ich entscheide mich für den Rückzug in die Unterkunft, in der noch eine Tüte Pistazien auf mich wartet. Dazu kaufe ich mir noch eine Cola und eine Flasche Wasser.

Zurück in mein Quartier, hole ich mein Tablet hervor und surfe etwas im Internet. Die Geschwindigkeit ist nicht gerade schnell, aber noch o.k. Das Laden meiner Heimatzeitung funktioniert. Auch die anderen bekannten überregionalen deutschsprachigen Tagespressen sind erreichbar. Ich schreibe eine Mail und hänge ein paar Bilder ran. Etwas Musik wäre jetzt schön! Also suche ich mir eine Internetradiostation. Wenig später höre ich Mick Jagger „Honky tonk woman“ singen. Der Sender ist auf die Rolling Stones fixiert und so folgen noch Songs wie „Brown sugar“, „Sympathy for the devil“…

11.10.2015 Teheran

Pünktlich um 09:00 Uhr setzt unsere Reisegruppe die Besichtigung Teherans fort. Unser erstes Ziel ist das Museum für Glas und Keramik. Schon wieder ein Museum, denke ich. Aber auch dieses Museum hat es in sich.

Das Gebäude wurde Anfang des 20. Jahrhunderts für einen hohen iranischen Politiker als Wohnhaus gebaut. Später war dort u.a. die Ägyptische Botschaft untergebracht. Seit 1980 ist es ein Museum. Ein schöner Garten und ein kleiner Palast, so erscheint mir das Anwesen. Wunderschön ist das runde und offene Treppenhaus. Eine breite, geschwungene Holztreppe teilt sich in zwei rechts und links abzweigende Treppenbögen. Jeder Raum ist individuell und sehr geschmackvoll gestaltet. Die Ausstellungsstücke präsentieren sich in kunstvolle Vitrinen. Ich bin wirklich sehr, sehr beeindruckt!

Unser nächstes Ziel am heutigen Tag ist der Golestan Palast. Errichtet Ende des 18. bzw. Anfang des 19. Jh. n.Chr. war er bis zur Gründung der Islamischen Republik Iran der offizielle Regierungssitz der Monarchen. Wie es sich für einen Palast gehört, wurde hier an nichts gespart. Wer also auf Prunk und Protz steht, der ist hier richtig. Das gesamte Areal besteht aus mehreren Palästen. Jeder Herrscher hatte seine eigenen Ambitionen. Die Außenwände der einzelnen Gebäude sowie die Befestigungsmauer um die Palastanlage sind überreich mit Fliesenmosaiken verkleidet.

Im Inneren der Anlage ist ein schöner Blumengarten (golestan = Ort der Blumen) neben großen Wasserbecken (leider ohne Wasser) angelegt. Im Inneren der Paläste kann man an den Wänden die Selfies der alten persischen Herrscher in Öl bewundern. Sehr wertvolle Geschenke aus aller Welt (von den anderen Herrschern) sind zum Bestaunen ausgestellt. Hier gaben sich die wirklich wichtigen Menschen dieser Welt die Klinke in die Hand.

Dieser dekadente Prunk war selbst dem letzten Schah, Reza Pahlevi, zu viel. Er zog es vor in seinem bescheidenen Sommerpalast zu leben.

Nach dem wir den Herrschern des Persischen Reiches unseren Besuch abgestattet haben wollen wir uns nun unters Volk mischen. Es geht zum größten überdachten Bazar der Welt. Unsere Reiseleiterin lässt uns von der Leine Los. Eine Stunde „Freizeit“.

Der aus einem gewaltigen Gewirr von Gassen bestehende Markt und den zehntausenden kleinen Läden wirkt auf mich erst mal abschreckend. Hinzu kommt der wirklich große Lärm bereits am Eingang zu diesem Vulkan. Der Satz: „Hier tobt das Leben.“ Ist stark untertrieben. Hier ist tatsächlich die Hölle los.

Die Gassen sind voller Menschen. Ich habe Angst mich zu verlaufen und nie wieder hier rauszukommen. Umso erstaunlicher für mich, dass alle Schäfchen nach einer Stunde wieder da sind.

Nach dem Bazar fahren wir zurück zum Hotel. Dort essen wir zu Mittag. Am Nachmittag, noch ein Museum. Zu Fuß, denn es ist nicht sehr weit, geht es zum Nationalen Juwelenmuseum. Es befindet sich in den Gewölben der Zentralbank.

Mehrere Sicherheitskontrollen sind zu überstehen bevor ich die meterdicke Tresortür durchschreiten darf. Hier lagern unschätzbare Werte. Zum Beispiel der Rosa-Diamant Darya-i-Nur ( Meer des Lichtes ), der mit seinen 182 Karat als der größte aus einem Stück geschliffene Diamant der Welt gilt., die Kronjuwelen der Pahlawi-Dynastie, ein brusthoher goldener Globus, besetzt mit über 50.000 Diamanten, Smaragden, Rubinen und Perlen, den sagenumwobenen Pfauenthron von Nader Shah, Diamanten, so mal eben aus der vollen Hand hingestreut, prunkvolle mit Edelsteinen besetzte Schwerter und Dolche, Perlen, Smaragde, Saphire und Rubine en masse.

Auf dem Rückweg zum Hotel hauche ich beinahe mein Leben aus. Noch geblendet von den vielen Diamanten vergesse ich, dass ein Zebrastreifen im Iran keine Garantie für eine sichere Überquerung einer Straße bedeutet. Ich spüre den Windhauch eines Mopedfahrers, welcher, selbst über die Selbstmordabsichten dieses Touristen überrascht, noch einen leichten Schwenk zur Seite macht. Das war knapp!

Den Abend verbringe ich im Hotelzimmer mit meinem Tablet.

Teheran Glasmuseum
Teheran Glasmuseum
Teheran Glasmuseum
Teheran Glasmuseum

12.10.2015 Teheran - Tepe Sialk - Kashan - Isfahan

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Kashan

Um 08:30 Uhr sitzen alle wieder im Bus. Wir verlassen heute Teheran. Noch einmal erleben wir das ganz normale Verkehrschaos.

Nach 3,5 Stunden, an der heiligen Stadt Qom vorbei, in unmittelbarer Nähe des Ortes Kashan erreichen wir Tepe Sialk, eine alte Grabungsstätte. Außer einem riesigen Hügel ist nicht viel zu sehen. Jedoch birgt diese Grabungsstätte 8.000 Jahre Menschheitsgeschichte in sich und ist somit durchaus einen Besuch wert.

Wir nutzen diesen Zwischenstopp auch für eine etwas größere Pause. Dann geht es weiter nach Kashan. Hier, in dieser Oasenstadt, haben wir die Gelegenheit einige sehr prunkvolle Bürgerhäuser aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zu besichtigen.

Wir entscheiden uns für das Tabatabei House. Dieses Haus, nein es ist ein Wohnpalast, wurde für die einflussreiche und wohlhabende Familie Tabatabei erbaut. Das großzügige Anwesen umfasst mehrere Wohngebäude.

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Kashan

Der schöne Innenhof ist mit Wasserbassins ausgestattet. Die Architektur wird bestimmt durch kunstvolle Ornamente, schönen Stuck, Glasfenster und ein ausgeklügeltes Kühlsystem. Die Bewohner wussten zu Leben.

Ähnlich diesem Wohnsitz gibt es noch weitere Häuser in unmittelbarer Nähe zu besichtigen. So z.B. das Haus der Familie Abbassi und das Haus der Familie Borujerdi oder die zentrale Basarkuppel.

Wir lassen alles auf uns wirken und erfreuen uns anschließend an einem Tee in einem nahe gelegenem Restaurant. Es bleibt auch noch etwas Zeit für kleine Souvenireinkäufe, bevor wir weiter Richtung Isfahan fahren. Wir erreichen unser Ali Qapu Hotel in Isfahan eine viertel Stunde nach 19:00 Uhr.

13.10.2015 Isfahan

Wer kennt nicht den historischen Roman „Der Medicus“ von Noah Gordon. In diesem Roman reist im 11. Jahrhundert ein junger Mann von London nach Isfahan um beim großen Heiler Avicenna, genannt Ibn Sina, Medizin an der Madrassa zu studieren. In England, zur damaligen Zeit, ein Ding der Unmöglichkeit.

Ibn Sina sein „Kanon der Medizin“ wurde fast 2 Jahrhunderte lang als medizinisches Nachschlagewerk und Lehrbuch an den Universitäten insbesondere in Europa verwendet. Er galt ebenso als einer der bekanntesten und einflussreichsten Philosophen seiner Zeit. In einen seiner Bücher schreibt er: „Fanatismus auf dem Gebiet von Wissen und Philosophie ist wie jeder andere Fanatismus ein Zeichen für Unreife und Mängel und schadet immer der Wahrheit.“ Jetzt schweife ich wohl doch zu sehr ab. Aber eines ist unumkehrbar: Ich bin in Isfahan!

Der heutige Tag beginnt, nach dem Frühstück, um 08:30 Uhr mit dem Besuch des Imam Platzes – Meidān-e Emām. Dazu benötigen wir nur 10 Minuten mit dem Bus.

Der heutige Imam Platz hatte im Laufe der Jahrhunderte schon mehrere Namen. Von 1590 bis 1595 ließ Shah Abbas I. diesen Platz erbauen und gab ihm den Namen Meidān-e Naghsh-e Jahan (Spiegelbild der Welt). Später wurde er auch Meidān-e Schāh (Schah-Platz) genannt. Den heutigen Namen bekam der Platz erst nach Gründung der Islamischen Republik Iran in Ehrung des Ajatollah Imam Chomeinis – Meidān-e Emām.

Das rechteckige Areal misst 560 m in der Länge und 160 m in der Breite. Umrahmt wird der Platz von einem zweistöckigen Gebäudekomplex welcher wiederum die wichtigsten Bauwerke des Platzes miteinander verbinden.

Den Anfang unserer Besichtigung dieser Bauwerke macht der im Westen befindliche Ali Qapu Palast oder auch Torpalast. Das 5 geschossige Gebäude mit einer Gesamthöhe von 68 m bildete den repräsentativen Zugang zum Palastgelände. Der dem Platz zugewandte Vorbau besitzt eine überdachte Aussichtsplattform. Hier versammelte sich früher der Hofstaat, um den Veranstaltungen auf dem Gelände zuzuschauen. Im obersten Stockwerk befindet sich ein kreuzförmig angelegter Saal über deren Mitte sich ein Lichtturm erhebt.

Die oberen Wände und Gewölbe des kreuzförmig angelegten Saales sind mit Gipsverschalungen verkleidet in die die Umrisse von Gefäßen verschiedenster Form und Größe eingeschnitten wurden. Die darin untergebrachten Behältnisse wirkten zusätzlich zu der ohnehin schon einmaliger Akustik noch Klangverstärkend. Darum erhielt dieser Saal auch zurecht den Namen Musikzimmer.

Wir verlassen nun den Ali Qapu Palast und wenden uns der direkt gegenüberliegenden Shaikh Lotfollah-Moschee zu. Es ist ein Traum! Bereits von außen verzaubert diese Moschee den Besucher durch kostbare intensiv leuchtende und kobalthaltige dunkelblaue Kacheln. Alles wirkt sehr edel. Und Innen setzt sich die Schönheit fort.

Unsere Reiseleiterin stoppt kurz nach dem Betreten unsere Gruppe: „Bitte jetzt die Fotographen!“ Also nutzen wir, mit den teuren Kameras behängten Touristen, dieses Privileg und können ungestört den schön beleuchteten Eingang zur eigentlichen Moschee ablichten.

Die Mosaiken sind in ihrer Vielfalt wirklich beeindruckend. Aber alles überragend, und mir selbst fast den Atem nehmend, ist die wundervolle Innenkuppel im Gebetssaal. So etwas Schönes an Architektur habe ich noch nie gesehen. Neben dem vorherrschenden Blau sind auch viele Elemente aus dem rötlichen Ocker gearbeitet. Ein Hinweis auf die hauptsächlich von den Frauen genutzte private Moschee der Herrscherfamilie. Gibt es noch eine Steigerung?

Weiter geht es zu der am südlichen Ende des Imam Platzes gelegene Masdjid-e Imam, die königliche Moschee Shah Abbas des Großen. Leider hat der große Herrscher die Fertigstellung nicht mehr erleben dürfen. Er starb bereits ein Jahr vor der Vollendung. Die Imam-Moschee besitzt zusätzlich eine Medresse-Funktion, ist also neben dem Gebet eine öffentliche Lehranstalt im Islam oder auch eine Art Hochschule der theologischen und juristischen Lehre. Auch hier sind alle Wände mit blau-gelb-grünen Fliesen bedeckt. Die Moschee besitzt eine hervorragende Akustik.

Ali, unser überaus kompetenter iranischer Reiseleiter, gibt uns dazu eine Kostprobe. Sein Gebetsgesang überrascht nicht nur uns sondern auch andere umstehende Touristen. Es gibt spontanen Beifalls – obwohl in diesem Fall nicht angebracht, weil es keine Künstlervorstellung war. Ich bin dankbar und tief beeindruckt!

Etwas Kurioses ist im Hintergrund zu sehen. Auf einer Hebebühne, welche sich abenteuerlich an einem langen Metallarm in schwindelerregende Höhe befindet, ist ein Iraner fleißig dabei die Mosaiken zu putzen. Dabei schwankt die ganze Konstruktion mal einen Meter nach links und dann wieder nach rechts. Ich hoffe, dass diese Reinigungsmethode von der Sicherheitsbehörde auch so zugelassen ist.

Wir verlassen die Gebetshalle und gelangen über die Säulenhallen zu den Medressen. Es ist heute wirklich sehr heiß aber zum Glück stehen im Hof Schatten spendende Bäume. Von hier aus lässt sich die prächtige blaue Kuppel der Moschee vorteilhaft fotografieren. Wenn da nicht das blöde Baugerüst auf der Kuppel wäre. Echt schade.

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Isfahan

Es dauert nicht lange, da gesellt sich ein Mullah (oder einer auf dem Weg zu einem Mullah) zu unserer Reisegruppe. Als erstes bietet er uns Süßigkeiten an. Die kleinen Schokoriegel mit dem im „Westen“ bekannten Markennamen (oder sind es nachgemachte?) dienen als Einladung für uns. Wir dürfen ihm Fragen auf Englisch stellen und alle Fragen werden freundlich beantwortet.

Zum Mittagessen fahren wir zum noblen Abbasi Hotel. Dieses im ganzen Iran bekannte Hotel besitzt eine Geschichte, welche bis ins 17. Jahrhundert – damals noch als Karawanserei – zurückreicht.
Nach der Mittagspause ist shoppen angesagt.

Vom ersten Hotel am Platz fahren wir zum teuren Teppichladen. Echte Perserteppiche in allen Formen, Größen und Farben werden uns präsentiert. Die Verkäufer versuchen sich in Psychologie und Wissensvermittlung. Und sie haben damit Erfolg. Nicht jedoch bei mir. Aber die tollen Seidenteppiche …., nein lieber nicht. Ein kleines Vermögen kosten schon diese kleinen Dinger und wer was anständig Großes haben möchte, der bezahlt entsprechend auch ein richtig großes Vermögen. Das ist nicht meine Liga!

Weiter geht es zu einem Geschäft mit Miniaturmalereien am Basar. Der Künstler gibt uns eine Kostprobe seines Könnens. Gemalt wird nach alter Tradition auf Kamelknochen. Anschließend darf man sich umschauen und nach Möglichkeit kaufen. Auch hier finde ich nichts für meinen bescheidenen Geldbeutel. Echtes Kunsthandwerk hat eben auch seinen Preis.

Geht es auch noch etwas preiswerter? Ja, es geht. Der nächste Laden ist meiner! Hier wird ein einfaches Handwerk betrieben. Die Stoffdruckerei. Es ist schon erstaunlich, was diese Künstler (Handwerker) mit einfachen Stempeln für tolle Motive auf den Stoffdecken zaubern. Und jedes Teil kostet nur wenige Euro. Da schlägt der Schnäppchenjäger doch gerne zu. Ich lass mir gleich drei dieser Dinger in verschiedenen Größen eintüten. So, dass wäre geschafft.

Weiter durch den Basar schlendernd füllen sich meine Einkaufstüten noch mit Safran, Pistazien und Süßigkeiten welche in allen erdenklichen Formen überall angeboten werden.

Zurück zum Hotel werde ich nach dem Abendessen von einer lieben Mitreisende aus unserer Gruppe gefragt, ob ich denn schon die berühmten Brücken von Isfahan gesehen habe. Na wann denn? Sie, als Irankennerin, macht sofort das Angebot, die 5 Minuten Fußweg mit mir zusammen zu gehen, um mir auch noch diese Berühmtheit zu zeigen. Und tatsächlich, da ist sie. Die Brücke, über einen Fluss leider ohne Wasser, welche schon so oft abgelichtet wurde und auch ein Wahrzeichen von Isfahan ist.

14.10.2015 Isfahan

Ein weiterer Tag in Isfahan, die für mich schönste Stadt im Iran.

Los geht es nach dem Frühstück um 08:30 Uhr mit dem Ziel, die Freitagsmoschee zu besichtigen. Sie befindet sich am nördlichsten Ende des Basars. Der Haupteingang wirkt recht unscheinbar neben den angrenzenden Läden. Die bereits im 8. Jahrhundert von den Seldschuken erbaute Mosche gilt als eine der ältesten Moscheen im Iran. Im Laufe der Jahrhunderte wurden zahlreiche Veränderungen, Erweiterungen und Restaurationsarbeiten durchgeführt. 1121 wurde die Anlage von den Assassinen (siehe auch 09.10.2015 in diesem Reisebericht) niedergebrannt und fast vollständig zerstört. Erst danach entstand der noch heute bestehende vier Iwanen (Audienzhallen) Baukomplex. Wer also Zeitgeschichte und architektonische Vielfalt hautnah erleben möchte, der kommt an diesem Ort auf seine Kosten.

Nach knapp 2 Stunden an diesem historischen Ort fahren wir mit dem Bus die gleiche Strecke wieder zurück, überqueren anschließend den Zayandeh Rud (Zayandeh = lebensspendend und Rud = Fluss) und befinden uns in Dschulfa, dem armenischen Viertel Isfahans. Ich habe mal Wikipedia befragt und habe folgende Antwort zu diesem Stadtteil erhalten:

„Nachdem Schah Abbas I. 1603 Armenien erobert und zwei Jahre später erkannt hatte, dass er das Gebiet nicht halten konnte, hinterließ er verbrannte Erde und siedelte die Bewohner der Weberstadt Dschulfa in den Süden von Isfahan um.“

Wir besichtigen in diesem Viertel die von außen recht unscheinbare Vank-Kathedrale. Sie war eine der ersten christlichen Kirchen, die die Armenier in ihrer neuen Heimat erbauten und besitzt eine Kuppel mit einem Kreuz drauf.

Betritt man das Innere der Kirche, dann kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Nahezu alle Innenwände sind mit wunderschönen Ikonen und Fresken ausgeschmückt, welche die Geschichte des Alten und des Neuen Testamentes darstellen. Die Bilder sind wirklich unvergleichlich, einzigartig, spektakulär… schööön.

Gegenüber der Kirche, in einem separaten Gebäude, befindet sich noch ein kleines aber feines Museum.
Es beherbergt neben typische armenischer Gegenstände sehr wertvolle alte handgeschriebene Bücher, die erste Buchdruckmaschine und das erste im Iran gedruckte Buch sowie das angeblich kleinste Buch der Welt (0,7 Gramm).

Nach 45 Minuten geht es schon wieder weiter. Die nächste Sehenswürdigkeit, ein Palast, wartet auf uns. Mir geht das viel zu schnell. Es fehlt die Zeit, die gerade gewonnenen Eindrücke zu verarbeiten. Aber ok, ich habe ja eine Gruppenreise gebucht und passe mich entsprechend dem festgelegten Zeitplan an.

Wir verlassen also das armenische Viertel und fahren, oh was für ein Wunder, in die Richtung, aus welcher wir gekommen sind. Die Streckenführung ist heute aber echt komisch.

Der Palast der vierzig Säulen, oder auch Chehel Sotun-Palast genannt, wurde in der safawidischen Zeit unter Abbas II. errichtet und befindet sich inmitten einer großzügig angelegten Gartenanlage. Der Ali Qapu Palast ist übrigens ganz in der Nähe. Aber den hatten wir ja schon abgehakt.

Wir betreten also diese schöne Parkanlage. Neben einem langgestreckten rechteckigen Wasserbecken gelangen wir zur Eingangshalle. Die Wände im Inneren sind ausgefüllt mit zahlreiche Fresken mit Darstellungen vom Leben am Hofe der Safawiden und historischen Ereignissen. So u.a. die Schlacht von Taher Abad bei Merw, 1510, die Schlacht bei Tschaldiran gegen den Osmanen Selim I. 1514, den Empfang des Mogulherrschers Humayun 1544, ein Bankett zu Ehren des Emirs von Buchara im Jahre 1611 und die Schlacht von Karnal 1739 mit dem Sieg gegen die indische Armee.

Auf dem Rückweg zum Ausgang fotografiere ich noch einen der vielen „Briefkasten“. Jedenfalls sehen sie so aus. Diese Kästen sind Sammelboxen, aufgestellt vom Staat. Das gesammelte Geld soll den Armen im Land zugutekommen. Wie lange würde wohl so eine Sammelbox in Deutschland überleben?

Nach dem Mittagessen fahren wir zurück zum Hotel, wo wir gegen 14:30 Uhr ankommen. Der verbleibende Nachmittag steht zur freien Verfügung. Ich beschließe noch einmal die Si-o-se Pol (33 Bogen Brücke oder auch Allah-Verdi-Khan-Brücke) zu überschreiten. Auch diese Brücke wurde in der Safawiden-Zeit erbaut.

Auf dem Rückweg verabschiede ich mich gedanklich von dieser schönen Stadt, von diesem interessanten Land und vor allem von den freundlichen Menschen.

15.10.2015 Isfahan - Neubrandenburg

Der letzte Tag ist ein reiner Abreisetag. An Schlaf ist nicht zu denken, denn bereits um 03:50 Uhr ist der Start mit Turkish Airlines vom Flughafen in Isfahan geplant.

Rechtzeitig wird im Hotel ausgescheckt und der Bus bringt uns zum Airport. Dort ist noch alles still und ruhig. Wir müssen etwas warten. Der dann folgende Check in und die üblichen Kontrollen erfolgen routinemäßig, unaufdringlich und immer freundlich. Und wieder müssen wir warten.

Mit etwas Verspätung starten wir dann Richtung Istanbul. Kurz vor der Landung in Instanbul schaue ich auf meine Uhr. Die Verspätung ist sogar noch größer geworden. Planmäßig sollten die Landung um 07:05 Uhr und der anschließende Weiterflug um 08:15 stattfinden. Jetzt habe ich nur noch knapp eine Dreiviertelstunde für den Umstieg.

Ich stürme nach der Landung also gleich los und muss mich dann erst mal doch in eine Warteschlange zur Passkontrolle einreihen. Verdammt, warum geht das hier nicht weiter…

Der weitere Weg zum Abfluggate nach Berlin erweist sich dann ebenfalls als recht lang. Ich orientiere mich nach den Wegweisern und habe keinen Blick für die vielen Geschäfte im Flughafengebäude. Ah, da ist es – doch noch geschafft. Wo sind jetzt die Toiletten? Ich bin erleichtert und schon wird das Boarding ausgerufen.

Pünktlich, eine viertel Stunde nach 10 Uhr, landen wir in Berlin. Meine Reisetasche kann ich als eines der ersten Gepäckstücke auf dem Laufband erkennen. Die letzte Etappe nach Neubrandenburg läuft problemlos ab. Mit dem TXL-Bus zur Beusselstraße und von dort mit der S-Bahn (S41) zum Berliner Gesundbrunnen. Um 11:50 Uhr von dort mit dem Regional-Express nach Neubrandenburg. Ankunft in meine Heimatstadt pünktlich um 13:28 Uhr Ortszeit.

Fazit der Reise in den Iran

Urlaub machen auf der Achse des Bösen. Geht denn das? Ist es moralisch vertretbar in einem Schurkenstaat zu reisen?

Ja, weil ich die amerikanische Kategorisierung der Welt in Gut und Böse ablehne. Der Iran ist weder ein Schurkenstaat noch gehört es zur Achse des Bösen.

Mich hat die Faszination des alten Orients, seine uralte Kultur und Geschichte, die gut erhaltenen prächtigen Paläste und Moscheen und natürlich das Interesse an den Menschen dazu bewogen, dieses Land einmal kennenzulernen.

Mein Fazit nach dieser Reise: Es war wundervoll. Die Menschen dort sind überaus freundlich und sehr aufgeschlossen. Sie freuen sich, wenn sie ein Foto mit uns zusammen machen und sich mit uns auf Englisch unterhalten können.

Ein unterdrücktes und durch eine Geheimpolizei schikaniertes Volk sieht anders aus. Trotzdem bleibt die Tatsache, dass der Iran ein islamistischer Gottesstaat mit sehr strengen Regeln ist. Wer das nicht akzeptieren kann, der sollte den Iran meiden. Ich habe mich als Gast dieses Landes sehr wohl gefühlt.

Dieses Land ist wirklich beeindruckend schön und hat mir sehr viel gegeben. Ich kann nicht verstehen, warum bei uns ein so negatives Bild aufgebaut worden ist.

Tatsächlich ist der Iran ganz anders. Und um eine letzte Frage zu beantworten: Ist der Iran sicher?

Ja, gefährlich wird es im Iran nur dann, wenn man ein Zebrastreifen bei fließendem Verkehr überqueren muss.

Beenden möchte ich diesen Bericht mit einem Gedicht von Goethe aus dem Gedichtzyklus West-östlicher Divan (1819) über Hafis (14. Jahrhundert), einer der bekanntesten persischen Dichter:

Und mag die ganze Welt versinken,
Hafis mit dir, mit dir allein
Will ich wetteifern! Lust und Pein
Sei uns, den Zwillingen, gemein!
Wie du zu lieben und zu trinken,
Das soll mein Stolz, mein Leben sein.

Du bist der Freuden echte Dichterquelle
Und ungezählt entfließt dir Well’ auf Welle.
Zum Küssen stets bereiter Mund,
Ein Brustgesang, der lieblich fließet,
Zum Trinken stets gereizter Schlund,
Ein gutes Herz, das sich ergießet.